Stand: 23.09.2005

Die Tudoburg

 

 

Die Ruine der Tudoburg befindet sich ziemlich versteckt in einem von tiefen Tälern zerfurchten Waldstück zwischen Honstetten und Eigeltingen im Hegau. Der Hegau ist eine der Burgenreichsten Gegenden in Deutschland, was sicher damit zu tun hat, dass sich die Hegaulandschaft durch ihre Vulkankegel und unzugänglichen Bergsporne sehr gut zum Burgenbau eignete. Auch das verwendete Baumaterial, nämlich Kalkstein, lässt sich überall und reichlich finden. Die Gegend ist auch heute noch reich an Steinbrüchen und bei einer Wanderung fallen einem oft die durch das Erdreich zu Tage tretenden Kalksteinlagen auf, die durch tektonische Aktivität in Quader zerbrochen sind und daher fast den Eindruck von Mauerwerk erwecken (der von Geologen sogenannte „gebankte Kalk“). An Baumaterial herrschte daher sicher kein Mangel, so dass schon Merian 1643 schrieb: „Der Hegöw ist ein klein, aber über die maßen wol erbawet fruchtbares Ländlin/unter dem Celler (Radolfzeller) See/sechs Meilen weit und breyt ist/darinn viel veste hohe Schlösser/und ein stattlicher Weinwachs, gibt auch viel Korn und Obst: Item/gute Fisch/Vögel und Wildprät allda/deßhalben sich viel Adels/so das fünfte Viertel von des schwäbischen Reiches Ritterschaft/von St. Georgen Schild/machet/darinn befindet.

 

 

Wie alt die Geschichte des Hegaus ist, lässt sich schon daran ablesen, das im Krebsbachtal (das an die Tudoburg angrenzt) ein ca. 4 cm langes Steinbeil aus der Jungsteinzeit gefunden wurde. Dieses kann im Hegaumuseum in Singen besichtigt werden.

Und beim Luftlinie gerade mal 6,5 km entfernten Petersfelsen im Brudertal befindet sich eine der bedeutendsten Eiszeitlichen Fundstätten Deutschlands. Um 1998 entdeckten Luftbildarchäologen im an das Krebsbachtal angrenzenden Gewann „Habsnest“ eine Kreisgrabenanlage mit einem ca. 20 m breiten Graben und ca. 100 – 120 m Durchmesser. Ob diese Kreisgrabenanlage mittelneolithischen Ursprungs ist, wie die durch den Fund der Sternenscheibe von Nebra berühmt gewordene Kreisgrabenanlage von Goseck, oder vielleicht die Reste eines frühmittelalterlichen Adelssitzes darstellt (wie es das Landesdenkmalamt ein einem Artikel aus „Fundberichte aus Baden-Württemberg“, Band 22, Heft 2, 1998 vermutet), müssen zukünftige Forschungen klären. Gegen einen Mittelalterlichen Ursprung spricht jedenfalls die für eine Verteidigung ungünstige Lage der Kreisgrabenanlage und die Exstenz von Tudoburg und „Spiecher“, da in diesem Fall ja 3 Burgen auf engstem Raum zusammengestanden wären.

Die älteste mir bekannte wissenschaftliche Untersuchung der Tudoburg stammt vor dem Archäologen Eduard Paulus, der Ende des 19.Jh. die vor- und frühgeschichtlichen Denkmäler von Honstetten untersuchte und die  Tudoburg wie folgt schilderte: „Ganz versteckt in laubwaldgrünen Schluchten, liegen die Trümmer der Tudoburg, anziehend schon durch den altdeutschen Klang ihres Namens, und wirklich, ein eigentümliches Gefühl überkommt uns in diesen fernabgelegenen Trümmern, die hier ausharren, aber wie weggewischt aus dem Gedächtnis der Menschen sind und doch war es eine Ansiedlung, hervorragend durch ihre Größe, wie durch die ganz vortreffliche Ausführung der noch erhaltenen Reste.

Ein schmaler Hals, durch mächtigen Graben abgeschnitten, führt in die Vorburg , einen lang hingestreckten Raum, von halbverstürzter, efeubewachsener Ringmauer im Rechteck umfangen, fast groß genug für ein Städtchen, - von dort geht es über eine Schlucht zur eigentlichen Burg, die als ein mächtiges Rechteck rings auf die Kante des beinahe freistehenden Berges gestellt ist. Kein Turm noch Zwinger, nur vier Kastellmauern, aber höchst säuberlich aus den rechteckig zugeschlagenen Steinen des Plattenjurakalks aufgemauert. Die hoch hinauf ganz fensterlose Burg hat jene ganz feine Fugung der frühromanischen Bauten und mag mit Recht in das 11.Jh. zu setzen sein. Kein Weg führt an die Mauern heran, auf allen vier Seiten stürzt der Berg felsensteil ab – und welch ein schöner Blick in die unten zusammenkommenden Waldtäler.“

   

  

An dem erhaltenen Teil der Mauer kann man sehr gut die verwendete Mauertechnik erkennen: Innen und außen wurde eine feingefugte Mauerwand aus schön zugehauenen Steinen errichtet, und der Innenraum dazwischen einfach mit Kalksteinmaterial aufgefüllt. Diese Mauertechnik war bei den ersten aus Stein errichteten Befestigungsanlagen von der Salierzeit (ca. 1024 – 1125 n. Chr.) bis in die frühe Stauferzeit weit verbreitet. Sie erinnert vom System her noch an die von der Kelten- bis zur Merowingerzeit verbreitete Holz-Erde-Mauer-Bautechnik, bei der der Zwischenraum zwischen zwei Holzpalisaden mit Erde aufgefüllt wurde, so dass eine Mauer entstand, die breit genug war einen Wehrgang zu tragen.

  

 

An einer Informationstafel an der Tudoburg, die der Rotary Club Singen 1990 anbringen ließ, wird die vermutete Geschichte der Tudoburg kurz umrissen.

 

Da es noch keine umfassenden Archäologischen Ausgrabungen gab, ist vieles mehr Spekulation als gesichertes Faktum. Die erstaunlich große (ca. 160 x 36 m), flache Vorburg, die heute noch von einem Wall umschlossen wird, legt aber tatsächlich die schon verschiedentlich geäußerte Vermutung nahe, dass es sich hierbei um einen schon in vor- oder frühgeschichtlicher Zeit genutzten Siedlungsplatz handeln könnte. Beweise für diese Theorie gibt es allerdings keine.

  

Auf diesem Bild kann man den gut erhaltenen Erdwall erkennen, der das ungewöhnlich große Gelände der Vorburg umgibt.

Es stellt sich einem allerdings die Frage, wieso die Tudoburg eine derart ungewöhnlich großflächige Vorburg hatte. Der Boden innerhalb der Vorburg sieht so aus, als wenn er künstlich geebnet worden wäre. Er wurde also wohl für Gebäude oder als Landwirtschaftliche Nutzfläche genutzt.

Es gibt die überlieferte Geschichte, daß sich innerhalb der großen Vorburg ein kleine geschützte Judensiedlung befunden haben soll. Diese soll dann im Jahre 1348 in einer blutigen Schlacht zerstört worden sein. Interessanterweise trägt das Gelände der Vorburg noch heute den Namen "Blutacker". Diese Geschichte könnte einen wahren Hintergrund haben, da es im Mittelalter durchaus vorgekommen ist, das Adelige, natürlich gegen entsprechende Bezahlung, Juden Schutz und Zuflucht vor Verfolgung gewährten (sogenannte Schutzjuden).

Historisch gesichert ist die Geschichte der Tudoburg erst ab 1362 als die Tudoburg (damals in den Urkunden noch als Burg "Harperg" bezeichnet) zum Besitz der Herren von Hewen gehörte, die die Burg zusammen mit Ihrem Stammsitz, der Burg Hohenhewen, auf ein Jahr dem Herzog Rudolf von Österreich unterstellten. 1398 kam die Burg ganz in der Besitz Östereichs. 1404 - 1582 gehörte die Burg den Grafen von Lupfen. Die Pappenheimer (Berühmt geworden durch den Ausspruch Wallensteins "Ich kenne meine Pappenheimer!") und die Fürstenberger folgten als Besitzer. Heute gehört das Gelände der Tudoburg zum Besitz der Grafen von Douglas.

 

Das wildromantische Krebsbachtal, mit seinen tiefen Schluchten und dem Krebsbach der den Waldweg an einigen Stellen kreuzt, lädt zu einer Wanderung ein.

  

Literatur-Quellen:  

Internet-Quellen:

 Links: http://www.honstetten.com/dietudoburg.htm

www.hegauritter.de

         www.hegau-geschichtsverein.de

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